Unzählige Erfolgsgeschichten

Deutschland braucht Wasserstoff – und das in großen Mengen und möglichst schnell. Ob als Speichermedium, für industrielle Anwendungen oder im Verkehrssektor – die Technologie und Motivation für den verstärkten Einsatz von Wasserstoff sind vorhanden. Die Bedeutung dieses Energieträgers wird weltweit erkannt. Und gleichzeitig stehen Kommunen, Unternehmen und Netzbetreiber in Deutschland vor zentralen Fragestellungen: Woher kommt der Wasserstoff, den Industrie und Mittelstand für die Umstellung ihrer Prozesse benötigen? Wie kann das heute bestehende Energienetz perspektivisch Wasserstoff transportieren? Und wie können wir den erfolgreichen Markthochlauf von Wasserstoff gestalten?

Es gibt bereits unzählige Erfolgsgeschichten und Anwendungsbeispiele: In der Industrie, im Mittelstand oder im öffentlichen Nahverkehr. Beim 3. Wasserstofftag von Westenergie und Westnetz am 4. März 2024 ging es in einer Online-Konferenz um Einblicke in aktuelle Entwicklungen und bewährte Praktiken im Umgang mit Wasserstoff. Westnetz ist Mitglied bei HyCologne e.V.
HyCologne-Projektmanager Dr. Frank Benzel nahm teil und berichtet:

Foto: Wirtschaftsministerin NRW Mona Neubaur bei der Jahresversammlung Gigawattpakt Rheinisches Revier, Foto: Dr. Frank Benzel

Viele Aktivitäten, wenig Investitionsentscheidungen

In ihrem Impulsvortrag erläutert Katherina Reiche, Vorstandsvorsitzende der Westenergie AG und Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung, dass Bundesregierung, Landesregierung und EU viel getan hätten, um den Wasserstoffmarkt zu etablieren (z.B. EU-Binnenmarktrichtlinie, NRW Leitstelle Wasserstoff, Kernnetz, Kraftwerkstrategie). Jedoch gebe es nur für einen Bruchteil der Projekte konkrete Investitionsentscheidungen. “Wir brauchen Wasserstoff in Aktion”, sagt Reiche und berichtet von ihrer Arbeit aus dem Wasserstoffrat, der mit sechs Arbeitsgruppen Regelungen, technische Lösungen, Gutachten und Empfehlungen bearbeitet.

Paneldiskussion "Wasserstoff als Energieträger": Wasserstoff aus Afrika

Aus der Panel-Diskussion folgt, dass die afrikanischen Länder (insb. Marokko, Mauretanien, Ägypten, VAE und Oman) immense Potenziale zur wirtschaftlichen H2-Produktion haben. Der Wasserstoff kann zum Teil sogar über Pipelines nach Europa transportiert werden. Vorstöße der EU und Bundesregierung in diese Länder werden ausdrücklich gewürdigt. Wichtig: Der Abschluss langfristiger Abnahmeverträge zur Investitionssicherheit. EU-Regularien könnten internationale Standards setzen.

Entscheidung über H2-Kernnetz steht an

In seinem Impulsvortrag sprach Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, über “Wasserstoff im Netz – H2-Kernnetz”. Die Entscheidung über das Kernnetz werde diesen Sommer fallen. Die Etablierung eines integrierten Netzentwicklungsplans für Gas und H2 als rollierendes Verfahren sei in Vorbereitung. Regionalnetzbetreiber würden dabei zunehmend eine wichtige Rolle spielen.

Über Westenergie

Westenergie ist der größte regionale Energiedienstleister und Infrastrukturanbieter in Deutschland. Mit der Infrastruktur sichert die Westenergie-Gruppe die Versorgung von Millionen Haushalten und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen – nicht nur mit Strom und Gas, sondern auch mit Wasser und Breitbandinternet. Mit unseren rund 1.400 kommunalen Partnerschaften und etwa 10.000 Mitarbeiter*innen möchten wir die Energiewende in unserer Heimatregion zum Erfolg führen.

Paneldiskussion "Integrierte Netzplanung für ein defossilisiertes Energiesystem"

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Der Pipelinebau steht in den Startlöchern.
  • Der Duisburger Hafen bereitet sich als wichtige Drehscheibe für H2 in allen Derivaten vor (Gasförmig, flüssig, Ammoniak, LOHC).
  • Unternehmen kritisieren den für sie noch zu hohen Selbstbehalt bei der Finanzierung des H2-Netzes.
  • Es ist eine Integration kommunaler Wärmeplanung mit dem Netzentwicklungsplanung erforderlich.
  • Appell an Industrie und Gewerbe, jetzt schon Bedarfe zu planen.

 

Frank Burkert von Ernst & Young  informierte in seinem Vortrag “Finanzierung Wasserstoff 2024 Status quo” über die verschiedenen Förderungs- und Finanzierungsinstrumente für Wasserstoffprojekte auf EU-Ebene.

Größte H2-Flotte in der EU von der RVK

Adrian Zinke berichtete über Wasserstoffmobilität bei der RVK Regionalverkehr Köln und den erfolgreichen Einsatz von Wasserstoffbussen im ÖPNV. Die RVK ist bereits seit 2011 mit Wasserstoff unterwegs und hat heute mit 83 Bussen die größte Flotte in der EU. Im Herbst sollen weitere 31 Fahrzeuge angeschafft werden. Weiterhin informierte er über die RVK-Tankstellenprojekte, die zum Teil mit eigenproduziertem Wasserstoff arbeiten und geht auf Möglichkeiten zur Steigerung der Verfügbarkeit der Tankstellen ein.

Paneldiskussion "Wasserstoff in der Mobilität - Antrieb der Zukunft": H2 unverzichtbar

In der Panel-Diskussionwurden folgende Aussagen getroffen:

  • In bestimmten Bereichen ist H2 unverzichtbar: Schwere LKW, Sonderfahrzeuge (z.B. Müllsammelfahrzeuge), ÖPNV, Reisebusse
  • Überlegungen dürfen nicht nur Effizienz und Betriebskosten einbeziehen, sondern auch das Einsatzmuster.
  • Das Tankstellennetz wird – insbesondere für Schwerlastverkehr – erweitert.
  • Tankstellen lassen sich gut als Komponente in dezentrale Energiesysteme integrieren und optimieren damit die Gesamtwirtschaftlichkeit und Gesamteffizienz.

Der industrielle Mittelstand benötigt Lösungen

Über Wasserstoff-Bedarfe des industriellen Mittelstandes referiert Gustav Deiters, Geschäftsführer der Crespel & Deiters GmbH & Co. KG. Das mittelständische Unternehmen stellt Stärkeprodukte aus Weizen her und hat einen hohen Bedarf an Strom, Wärme und Gas. Deiters berichtet, dass die Transformation regenerative Energien zu einer Verdrei- bis Vervierfachung der Energiekosten führe, und dass der Standort bzgl. des Bezugs von Grünstrom oder Wasserstoff schwierig und kostenintensiv sei.
H2 sei nicht immer „Heilmittel“ und benötige Lösungen für nachhaltige und wettbewerbsfähige Energieversorgung im internationalen Vergleich.

Paneldiskussion "Wasserstoff - Lebensversicherung für Mittelstand und Industrie": Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr

Die wichtigsten Aussagen:

  • Die RWE hat sich die Bereitstellung von wirtschaftlichem H2 auf die Fahne geschrieben und realisiert Projekte im dreistelligen Megawatt-Bereich.
  • Stahlhersteller plädiert für Brückenstrompreis, ansonsten seien sie im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähig.
  • H2 muss wirtschaftlich bereitgestellt werden, ansonsten wird eine Abwanderung von Unternehmen befürchtet.
  • Die Kunden sind zur Zeit noch nicht bereit, selbst geringe Produktpreissteigerungen für Grün-Stahl zu akzeptieren. Es sei eine gesellschaftliche Aufgabe, hier auch höhere Preise zu akzeptieren.
  • Politik soll realistisch bleiben bei der benötigten Zeit für Transformation und Kosten.
  • Zusammenfassung: Industrie und Mittelstand benötigen günstige Strompreise, wettbewerbsfähige Netzwerkentgelte und kostengünstigen Wasserstoff, ansonsten können Standorte nicht gehalten werden.
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